Berlin: Cafés, Espresso & Kultur-Crema

Berlin: Cafés, Espresso & Kultur-Crema
Berlin: Cafés, Espresso & Kultur-Crema

Friday 17 April 2015

"Giro Coffee Bar" und das "Haus Hardenberg" (Berlin)

©Brigitta Huegel


Vor dem "Giro" verkündet eine Tafel selbstbewusst: "Der beste Kaffe der Straße" - wir reden von der Knesebeckstraße - und ja: er ist wunderbar, der Kaffee. Und wenn Sie das Gefühl haben, den chicen silberhaarigen Barista (und Besitzer) schon mal gesehen zu haben - "irgendwo" - dann stimmt das auch: er modelt ab und zu für etliche Anzeigen.
Manchmal sehen Sie auch eine Schauspielerin hier (zum Beispiel "Nadeschda" - das ist Friederike Kempter -  aus dem Münsteraner Tatort, die auch in der Vorabendserie Hauptstadtrevier spielt), aber normalerweise sind wir uns selbst genug.
Wenn man draußen sitzt, fällt der Blick auf das Renaissance Theater, und wenn man nach dem Caffè das macht, was "giro" im Italienischen bedeutet, nämlich "eine Runde dreht", und die Knesebeckstraße in Richtung Ernst-Reuter-Platz langgeht, steht man vor einem "der schönsten (Gebäude) aus den 1950ger-Jahren in Deutschland", dem denkmalgeschützten "Haus Hardenberg", das 1955-56 vom Architekten Paul Schwebes gebaut wurde. .
"Schwung und Leichtigkeit", "freischwebende Treppen", "Rundungen", "Fensterbänder", und Details wie Türgriffe und Lampen sind einige Merkmale, "Woran ich die 50er Jahre Architektur erkenne".

©Brigitta Huegel


"... zwei Tendenzen verpflichtet: zum einen werden die im 3. Reich abgebrochenen Tendenzen der Modernen Architektur wiederaufgegriffen, dazu gehören die Bauhaus-Schule, der Funktionalismus sowie der besonders aus Amerika herüberflutende Internationale Stil und die neue Stahl- und Stahlbeton-Bautechnologie im Industriebau. Zum anderen suchte man Anschluß an die abgebrochenen Kunstrichtungen der 30gerJahre, im besonderen auch an den Art Deco Stil als Nachfolger des Jugendstils. Manchen formalen Tendenzen der 50grr Jahre, den freien, organischen Formen und dynamischen Linien ("Niere"), den flächenhaften Dekorationen mit farbenfrohen Mosaiken und Verkachelungen und den konturenscharfen Stahl- und Glas-Übungen - auch in Aluminium, Messing und Bronzierungen - gab diesem den Beinamen Neojugendstil.
 ("...ist im traditionalistischen Sinne wieder aufzubauen!" - Ausstellung und Architekturpfad  Universität Hildesheim, Hügel/Weh, Berward Verlag)

Das Haus ist siebengeschossig und steht auf einem trapezförmigen Grundriss. Ich hatte Glück und konnte in eins der Treppenhäuser schlüpfen - es lohnt sich!

©Brigitta Huegel

Und für den Kaffee bei Giro (Cappuccino 2,70 Euro) gilt wirklich, was Manufaktum, (das im Hardenberg Haus untergebracht ist), sagt:
 "Es gibt sie noch, die guten Dinge."

Friday 18 July 2014

Das Café in der Königlichen Gartenakademie Berlin

Britta Huegel

BAP singt "Wo mer endlich Sommer hann" - ja, Berlin hat endlich Sommer - heiß, heiß, heiß. 
Da ist das Café in der Gartenakademie genau richtig, um unter dem Sonnenschirm zu sitzen und sich - vielleicht - von dem Spaziergang durch den Botanischen Garten, der auf der anderen Seite der Altensteiner Straße in Dahlem liegt, zu erholen. Oder um in der gut sortierten Gärtnerei ein paar Blumen für Balkon oder Garten einkaufen, die über das übliche Angebot der Märkte hinausgehen. 
Das Café hat vor etwa einem Jahr den Pächter gewechselt - aber keine Sorge: der Konditor ist geblieben. 


Britta Huegel

Was mir gut gefällt: zwar steht Affogato al caffè - "im Kaffee ertrunken" - hier nicht auf der Karte, wird aber auf meine Bitte hin anstandslos zubereitet. Ist auch wirklich einfach: eine kleine Kugel Vanilleeis wird mit einem kleinen Espresso übergossen, "ertrinkt", und muss schnell mit einem kleinen Löffel gerettet werden. Mmmmh! 
Das Platzangebot ist drinnen und draußen stark erweitert worden. Draußen warnt ein Schild "Achtung, Baum harzt!" - aber man kann sich ja ein Stück weiter auf die bequemen Stühle auf dem Rasen setzen. Spatzen, dicke Tannenzapfen, Gras und Sandweg, Sonnenschirme, irgendwo sprüht ein Wassersprinkler - Sommer pur. 
Wenn Sie sich ein bisschen von der Hitze erholt haben, fragen Sie vielleicht: "Gut und schön - aber wo bleibt hier die Kultur?
Nun, Sie sitzen auf dem Gelände der ehemaligen Königlichen Gärtnerlehranstalt, (1903 ca 34 Morgen groß), die 1824 von Peter Joseph Lenné nach der von König Friedrich Wilhelm III erlassenen "Allerhöchsten Kabinets-Ordre" begründet wurde: 

 »einerseits in dem für das Herbarium erworbenen Etablissement und Garten in Schöneberg, in Verbindung mit dem Botanischen Garten daselbst, und andererseits in den königlichen Hofgärten zu Potsdam und auf der Pfaueninsel, in Verbindung mit dem Kieferngehölz in der Pirschhaide«

Die Geschichte der Königlichen Gartenakademie und der Ausbildung der Gärtner ist bewegt - wer sie nachlesen möchte, kann sich informieren unter
http://www.luise-berlin.de/bms/bmstext/9808novb.htm 
1823 richtete man die Ausbildung zum Gärtner, Kunstgärtner und Gartenkünstler ein - für den Gartenkünstler musste man 4 Jahre lernen: man begann im Botanischen Garten in Schöneberg, es folgten Praxis und Theorie in den königlichen Gärten in Potsdam, der Pirschheide und auf der Pfaueninsel. "Jeder Schüler war einem Hofgärtner zugeteilt, bei dem er auch wohnte", schreibt Heidrun Siebenhühner 1923. Für die Ausbildung - ohne Quartier oder Essen - musste der Schüler jährlich 50 Reichstaler berappen, und zwar "praenumerando zahlbar", also vorher. 

Das jetzige Konzept der Königlichen Gartenakademie wurde von der vielfach preisgekrönten Gärtnerin und diplomierten Landschaftsarchitektin Gabriella Pape verwirklicht: http://www.koenigliche-gartenakademie.de/home/

Ein Besuch lohnt sich (bei schlechtem Wetter kann man gemütlich drinnen in den denkmalgeschützten Gewächshäusern sitzen). 


Britta Huegel

Altensteiner Str. 15a, 14195 Berlin-Dahlem, 
Mo - Sa: 10:00 - 19:00  Sonntag: 10:00 - 16:00 (April - September)
Mo - Fr:  11:00 - 17:30 Samstag: 10:00 - 17:30 Sonntag: 10:00 - 17:00 (Oktober - März)

Wednesday 29 January 2014

Das Kaffeehaus 'Grosz' im Haus Cumberland, Berlin

Britta Huegel


Zugegeben: meist gehe ich mit Besuch ins Kaffeehaus Grosz. Wenn man jemanden so richtig mit Hauptstadt-Pracht beeindrucken will, dann ist das die richtige Adresse am Kurfürstendamm 193/194 - zumal in diesem ziemlich weit von der Gedächtniskirche entfernten Teil der Flaniermeile auch viele Nobelmarken residieren.
Das Haus Cumberland - zu Ehren des (gewesenen) Duke of Cumberland, dem 3. Herzog von Cumberland Ernst August von Hannover (1845 - 1923) - wurde vom Regierungsbaumeister Robert Leibnitz konzipiert (der am Bau vieler Kirchen wie z.B. der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche, aber auch am Hotel Adlon beteiligt war).
Dass man seinen Besuch beeindrucken kann, haben natürlich auch andere gemerkt - manchmal ist so voll, dass man einen Moment auf einen Platz warten muss.Was sich lohnt: fast 8 Meter hohe Wände, Jugenstilsäulen, echter Marmorfußboden - und eine Menge zu erzählen. Denn dieser Marmorfußboden musste erst einmal unter fünf Schichten Linoleum hervor geholt werden.
Wieso? Nun, das 1911/12 erbaute Haus wurde damals als eine Art nobles Bed&Breakfast vom Feinsten geplant - Appartments mit Hauspersonal hätten zum Übernachten im edlen Boarding-Palast gemietet werden können - wenn - nun ja, wenn nicht der Eigentümer schon vor der Eröffnung in Konkurs gegangen wäre...Nach dem Wumba (schlag nach bei Wiki) wurde es zum Grand Hotel Cumberland mit 700 Betten umgebaut, dann nach dem Ersten Weltkrieg erneut von diversen Behörden genutzt: von der Oberpostdirektion, dem Reichswirtschaftsmuseum und der Finanzverwaltung. Ja - die Oberfinanzdirektion war von 1966 - 2003 drin, kehrte aber den schönen Marmor lieber unter den Teppich  das Linoleum...
Nach aufwändiger Renovierung des denkmalgeschützten Haus Cumberland wurde das Kaffeehaus Grosz im Dezember 2012 eröffnet. Benannt ist es nach dem deutsch-amerikanischen Maler George Grosz (1893 - 1959) - ziemlich verblüffend, (und wahrscheinlich, weil der kleine Platz gegenüber dem 'Grosz' so heißt) - denn dieser Maler und Karrikaturist hat sich noch gnadenloser über die Gesellschaft der Weimarer Republik lustig gemacht als Otto Dix - es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, nun in diesem Prachtbau an ihn zu erinnern.
Apropos Gesellschaft: Das Publikum ist total durchmischt, Sie brauchen sich also nicht extra in Schale zu werfen - obwohl es auch nichts schadet, wenn Sie so hübsch ins Kaffeehaus passen.
Der Kaffee ist ausgezeichnet und nur ein klein bisschen teurer als in den üblichen Coffeeshops, auf die winzigen silbernen Zuckerstreuer wird (sicher mit Grund) sehr geachtet, und wenn Sie mal jemanden verblüffen wollen - so, dass man von den Nebentischen wegen der Servier-Zeremonie fasziniert zu Ihnen rüber starrt - dann bestellen Sie mal heiße Schokolade!
http://grosz-berlin.de/kaffeehaus/


Tuesday 21 January 2014

'Nach einem guten Kaffee verzeiht man sogar den Eltern' (Oscar Wilde, 1854 - 1900)

Britta Huegel

Ich erinnere mich genau an das Gefühl der kühlen Glätte um meine Hand, als sie sich durch den Riss im groben Sackleinen schlängelte, vorsichtig rumrührte und eine der blass-grünen Bohnen nach oben zog - BERÜHREN war VERBOTEN!, absolut verboten im Bremer Übersee-Museum - aber der Riss im prallen Kaffeesack wisperte 'Verführung' - und da denkt das Kind: Was macht schon eine Bohne...
"Ja, wenn das aber alle machen würden!"
Tun sie aber nicht.
Zu Hause habe ich die Kaffeebohne gläubig eingepflanzt, irgendwann wuchs tatsächlich ein kleines Bäumchen mit leicht gewellten dunkelgrünen glänzenden Blättern, stagnierte, wurde langweilig in seinem sturen Grün, denn blühen und rote Kaffeekirschen tragen wollte es nicht. An unseren Abschied kann ich mich nicht erinnern.
Auch nicht an meine erste Tasse Kaffee. Wohl aber an die mit blauen Blümchen übersäten Kaffeetassen meiner Großmutter, oder das hauchfeine Mokka-Service in der Vitrine meiner Eltern. Das steht jetzt bei mir und - Schönheit soll benutzt werden - zumindest das schlanke Milchkännchen wird täglich ins Leben integriert - der winzige Zuckertopf bleibt nach einem Weihnachten der Üppigkeit unberührt. Er schmollt und lauert auf einen Zeitpunkt, der dem des Abschieds vom Kaffeebäumchen ähnelt.
In unserer Familie war meine Schwester die 'Kaffeetante', ich trank englischen Tee, so dick und rot wie ein Ziegelstein, und kippte bis vor sechs Jahren höchstens mal einen Espresso, dessen Bitterkeit ich löffelweise mit Zucker zuschaufelte.
Bremen, meine Heimatstadt, roch nach Kaffee - oder Bier, je nachdem wie der Wind blies.
Beides interessierte mich nicht.
 .
Britta Huegel

Aber jetzt bin ich angefixt, und die Anzahl der Berliner Cafés wetteifert mit der Menge an Bohnen in einem Kaffeesack. Davon wiegt einer übrigens 60 kg, und Brasilien ist mit 48,1 Millionen-Sack à 60 kg der Hauptlieferant der Welt. Die Top 20 im weltweiten Pro-Kopf-Verbrauch (in Kilogramm Rohkaffee) führt 2010/11 Finnland mit 12,1 kg an. Pro-Kopf-Verbrauch bedeutet natürlich: jeder, vom Säugling bis zum Kaffeeverächter, trinkt fast 1400 Tassen jährlich - "bereinigte" Zahlen habe ich nicht... Finnland wird gefolgt von Norwegen (9,8) und Schweden (7,5). Ach so, die Schweizer mit 8,0 habe ich übersehen - aber alle scheinen Kaffee zu trinken, um entweder in der drückenden Dunkelheit und Kälte wenigstens für einen Moment wach zu werden, oder durch einen Kick der lähmenden Verwöhnung durch Luxus und Umsorgtheit für ein Weilchen zu entkommen.
        Die Zahlen stammen aus der schön gestalteten kleinen Ausstellung "Kaffee. Ein globaler Erfolg" im Botanischen Museum in Berlin-Dahlem, die noch bis zum 23.02.2014 zu sehen ist. Für die, die es nicht dahin schaffen, werde ich in den nächsten Posts meine Erkenntnisse weitergeben - natürlich erst nach einer Tasse Kaffee, denn:
Der Kaffee kommt in den Magen, und alles gerät in Bewegung; die Ideen rücken an wie Bataillone der Grand Armée auf einem Schlachtfeld.“ 
Und Honoré de Balzac muss es wissen - er soll bis zu 60 Tassen pro Tag und Nacht getrunken haben. 

Wednesday 1 May 2013

Kaffee & Kultur in Berlin: Das Haus am Werderschen Markt




Britta Huegel

 Wenn man keine Lust hat, extra zum Flughafen Tegel oder Schönefeld (an dieser Stelle ist ein launiges 'haha!' obligatorisch) hinauszufahren, um zu sehen, ob man mal wieder seine Handtasche ausmisten sollte, tut es auch ein Trip nach Mitte (U2, Hausvogteiplatz). Nach wenigen Schritten heißt es: "Legen Sie bitte Ihre Jacke und Handtasche in die Schachtel!" , und dann muss man durch die Scanner-Schranke; Schuhe, Gürtel und BH werden aber nicht mit dem Piepsding abgetastet. 
Jetzt bin ich also im Auswärtigen Amt - obwohl ich nur einen Kaffee trinken will. Allerdings einen sehr guten. In the coffee shop (den gibt es auch ohne Bodycheck in der Alten Potsdamer Straße 5 nah am Potsdamer Platz, und als winzige Steh-Bar direkt am Hausvogteiplatz 13). 
Aber ich wollte ja das Sahnehäubchen Kultur. Und die gibt es hier reichlich. 
Zum einen ist Friedrichswerder, Ende des 17. Jahrhunderts erbaut, einer der ältesten Teile Berlins. Um das Auswärtige Amt drapieren sich: das Stadtschloss (hier greife ich spielerisch das 'haha' vom Flughafen Schönefeld nochmal auf), die Berliner Münze (von Genz), und die Friedrichswerdersche Kirche (1825 - 1830) und die Bauakademie - beide von Karl Friedrich Schinkel. Die Bauakademie ist - wie manche 'Häuser' in Berlin - zur Zeit ein Potemkinsches Gebäude, was man auf dem Foto aber kaum bemerkt: 


Britta Huegel

Gelassen trinke ich meinen Cappuccino im großen Lichthof des Auswärtigen Amtes. Weiter als bis in diesen Teil lassen sie mich bei aller Offenheit dann aber doch nicht ohne trifftigen Grund - dabei gäbe es gerade im Alten Bau so viel Interessantes zu sehen (ich schreibe mir auf: irgendwann im Juni ist 'Tag der Offenen Tür'). 
Das Auswärtige Amt wurde in der ehemaligen Reichsbank, später dem Zentralkomitee der DDR untergebracht - den Bildungswütigen unter meinen Lesern empfehle ich die Broschüre "Das Haus am Werderschen Markt" - gibt es im Innenhof jetzt umsonst. 
Die meisten wollen aber vermutlich nur in Ruhe ihren Kaffee trinken und ihren Blick über den gepriesenen Innengarten schweifen lassen (die passionierte Gärtnerin guckt etwas grämlich: da stehen zwar wirklich Zitronenbäume, Mimosen und Jasmin an einem sehr schönen langen gestuften Wasserlauf - zitiert der Schöpfer hier die Alhambra? - aber es ist --mmh --- überschaubar). 
Sehr beeindruckend: die 20 x 30 Meter große Glasfassade  zwischen den Travertinsteinen - und das riesige gläserne Dach hängt an einer Drahtseilkonstruktion. Die farbigen Lichtbänder des Amerikaners James Carpenter wechseln ihre zarten Farben nach Lichteinfall. Das Neue Gebäude wurde von den Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann entworfen und ist wirklich beeindruckend. 
Der Kaffee übrigens auch - "Wir benutzen Frischmilch mit 3,5% Fettgehalt für den Schaum, darum", verrät mir der Barista. 
Das kann man auch zu Hause nachmachen - es lohnt sich! 

Bewertung: 5 Sterne von 5 


Friday 7 December 2012

Lagerfelds Fotoausstellung 'The Little Black Jacket'


Man sagt, The Little Black Dress (LBD), passe überall hin, (bis man sich an einem Junitag in Moabit doch overdressed vorkommt); setze die Persönlichkeit der Trägerin in Szene statt sich selbst (bis jemand sagt:"Ach, du warst auch da?"). Schwarz sei so praktisch (bis man sich blonde Haare vom Revers zupft); Schwarz stehe einfach jedem (bis jemand sagt: "Du siehst heute so blass aus!").  
Black is beautiful. 
Und nun gibt es in Berlin die Ausstellung "The Little Black Jacket", eine Hommage von Karl Lagerfeld an Coco Chanel, die das ebenfalls berühmte schwarze Tweedjäckchen 1954 entworfen hatte.  
Es zeigt wunderbar, was Mode ist: während das Jacket heute fast bieder wirkt, war es damals gewagt: gerade geschnitten, ohne Kragen, Rips auf Tweed - das war ein Stilbruch (es war die Zeit, in der die Modevorschriften noch strikt und kompliziert waren - "keine wirklich elegante Frau trägt nach 5 Uhr nachmittags eine Krokodillederhandtasche", schrieb Mme Dariaux noch 1964.)  

Fast bieder - außer: man macht was damitUnd dass das geht,  zeigen die 113 Schauspieler und Models, die von Lagerfeld alle in dem Jäckchen fotografiert wurden. Man kann es ganz brav tragen: 



man kann es aber auch mutig mit der Schere verändern:



Was sagt "mein" Ausstellungsexperte: ist die Ausstellung gelungen? 



"Die Hängung ist einfallslos. Es ist eher eine Präsentation (wie in einem Schaufenster) statt eine Ausstellung: durch die Reihung stehen die Exponate untereinander nicht in Beziehung. Ausstellungexponate, die auch im Raum und nicht nur 'an der Wand lang' präsentiert werden, erzeugen Körperlichkeit und zwingen den Betrachter, sich seinen eigenen Weg zu suchen und so selbst Entdeckungen zu machen, statt - wie hier - eine vorgegebene Front abzuschreiten." (H-O Hügel) 
Bei den Fotos fällt auf, dass der Blick der Models, obwohl meist auf den Betrachter gerichtet, durch diesen hindurch geht - es ist ein "posen", das Model nimmt mit dem Zuschauer nur selten wirklich Kontakt auf. (Dazu fällt mir ein Zitat von Lagerfeld ein: "The girl is not selling her private life, but her image."). Die größte Konsequenz zeigt auf dem Foto Anna Wintour: 



 (drei Studentinnen neben mir diskutierten, dass sie a) sofort erkannt hätten, um wen es sich handelte, und b) man egal wo, auch in einer großen Menschenmenge, sofort erkennen würde, dass es sich hier um die große Wintour handle. Ah ja?)  
Der Normalsterbliche jedenfalls muss sich tief bücken, wenn er unter den Fotos Namen und Berufsbezeichnungen der Porträtierten entziffern möchte.  
Mehr erfährt man nicht - das kann man als Ausstellungsmakel deuten, ich aber meine, Karls mokantes Lächeln über den 'Normalzuschauer' (Eintritt frei) darin zu sehen: wie bei den Luxusmarken wird subtil betont, dass man unter sich bleibt - der Connaisseur weiß sowieso Bescheid. 
Und: Verpackung ist alles. Du kannst den untersten U-bahn-Schacht nehmen - schwarz ausgekleidet, mit ein paar edel gekleideten Bodyguards am Eingang (dabei hingen nur Drucke da, nicht mal Fotos) und ein paar schönen Lichtreflexen wirkt im ziemlichen Dunkel alles gleich edler.  


Allerdings schrieb Mme Dariaux unter "Ideal Wardrobe" auch: 
"A really elegant woman never wears black in the morning. - Eine wirklich elegante Frau trägt morgens kein Schwarz.
weshalb die Ausstellung täglich auch erst um 11 Uhr öffnet. 

(noch bis 14.12. in Berlin, Eventlocation U3 Bahnhof&Tunnel, Potsdamer Platz 1)